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Sanierte Stadt mit neun Weindörfern

Edwin Hartman und Bärbel Hanemann

Wohnungsnot und Schulplatzmangel

Nach dem Krieg war es wichtig, ein gutes Verhältnis zur Besatzungsmacht Frankreich aufzubauen. Vor allem aber galt es, die Wohnungsnot zu lindern sowie Unterkünfte für die vielen Heimatvertriebenen zu finden. Von 1946 bis 1975 entstanden vor allem im Osten der Stadt neue Wohngebiete. Auch Schulraum musste geschaffen werden: 1956 erfolgte die Grundsteinlegung für das Berufsschulgebäude. 1960 wurden die Hans-Geiger-Schule und 1965 die Eichendorff-Schule eingeweiht. Viele Neu- und Erweiterungsbauten waren erforderlich. 1972 feierte das Schulzentrum Böbig Richtfest.

Ausrangierte Lokalbahnen – ansteigender Kraftfahrzeugverkehr

1955 ersetzte man die Pfälzer Oberlandbahn, die „Schneck“, durch Busse. 1956 trat die Gäubahn, das „Pfefferminzbähnel“, nach 50 Jahren die letzte Fahrt an. Der motorisierte Verkehr nahm rasant zu – ab 1. Juli 1956 bekam Neustadt ein eigenes Kraftfahrzeug-Kennzeichen „NW“.

Verwaltungsreform und Sanierungsprojekte

Im Zuge der rheinland-pfälzischen Verwaltungsreform wurden 1969 und 1974 neun umliegende Weindörfer eingemeindet. Das Stadtgebiet vergrößerte sich fast um das Siebenfache, die Einwohnerzahl verdoppelte sich nahezu. Die Sanierung der Altstadt sollte modernen Wohnraum und eine attraktive Innenstadt schaffen. In den 1970er Jahren wurden unter anderem die Fußgängerzonen ausgebaut sowie das Warenhaus „Karstadt“ und der Klemmhofneubau errichtet. Der Großbrand im Saalbau 1980 erforderte dessen aufwändige Renovierung. 1999 wurden der umgestaltete Hetzelplatz und die „Hetzelgalerie“ als neuer Anziehungspunkt eingeweiht.

Freundschaft verbindet

1956 entstand mit der französischen Stadt Mâcon Neustadts erste Städtepartnerschaft, weitere Partnerstädte wie Lincoln (1970) oder Wernigerode (1989) folgten. Die seit 1945 in Neustadt stationierten französischen Streitkräfte wurden 1992 abgezogen – ein Abschied in freundschaftlicher Verbundenheit.

++++++++++++++++++++++Das Ausstellungsexponat ist das Klemmhofmodell++++++++++++++++++++

Bezirksregierung

von Gerhard Wunder †

„Die Bezirksregierung“ heißt in Neustadt erstens das Gebäude und zweitens eine Behörde. Diese wurde 1816 von Bayern in Speyer gegründet, um fast alle staatlichen Zuständigkeiten in der Pfalz zu bündeln. Sie wurde immer wieder verändert, der Name, das räumliche Gebiet, die Zuständigkeiten, die innere Organisation, das Personal.

1933 wurde am 10.3. der Vorsitzende der pfälzischen Nazi-Partei NSDAP, Gauleiter Josef Bürckel, zum Reichskommissar ernannt und erhielt damit staatliche Gewalt. Er setzte noch am selben Tag den Regierungspräsidenten Osthelder ab. Die Bezirksregierung in Speyer musste sich fortan den Wünschen der Gauleitung in Neustadt beugen.

1945 besetzen die Amerikaner die Pfalz, am 21.3. Neustadt, am 24.3. Speyer, das sie am 30.3. den Franzosen überließen. Die Franzosen behielten die Bezirksregierung in Speyer bei. Die Amerikaner wollten nach preußischem Vorbild ihr Gebiet in ein Oberregierungspräsidium mit mehreren Bezirksregierungen gliedern und ernannten zu diesem Zweck am 9.5.1945 ein sechsköpfiges Oberpräsidium in Neustadt unter Hermann Heimerich. Alle sechs hatten ihre Büros im Haus der Industrie (siehe Foto oben rechts), jeweils einen amerikanischen Offizier als „Verbindungsmann“ und wohnten zusammen in der Dienstwohnung des geflohenen Landrats Villenstraße 36. Oberregierungspräsident Hermann Heimerich ernannte mit Zustimmung der Amerikaner am 11. Juni fünf Regierungspräsidenten, in Neustadt Hoffmann, außerdem in Mainz, Saarbrücken, Trier und Koblenz. Als sich herumsprach, dass das ganze Gebiet bald den Franzosen übergeben würde, entließen die Amerikaner am 1. und 2. Juli die Regierung Heimerich und ernannten am 7. Juli Hans Hoffmann zum neuen Oberpräsidenten.

Zum 10. Juni 1945 wurde die Pfalz von den Franzosen besetzt. Sie fassten die Regierungen in Speyer und die beiden in Neustadt mit dem Sitz in Neustadt zusammen und ernannten am 1.10.1945 Otto Eichenlaub zum neuen „Oberregierungspräsidenten“ (ohne nachgeordnete Präsidenten!) und am 19.7.1947 den Nachfolger Franz Bögler (SPD). Er wurde 1949 vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Peter Altmeier (CDU) abberufen, behielt aber seinen Titel „Ober“ bei. Die folgenden Behördenleiter führten nur noch den einfacheren Titel „Präsident“, Franz Pfeiffer ab 1949 „Vize“, ab 1951 Präsident, Hans Keller ab 1966, Paul Schädler ab 1983 und Rainer Rund ab 1991. Die Büros befanden sich zuerst noch im Haus der Industrie, in etwa 20 Gebäuden in der Stadt und in Holzbaracken auf der Winzinger Festwiese, ein immer kleiner werdender Rest verblieb bis 1955 (Forstkasse) in Speyer.

Das neue Regierungsgebäude wurde 1954-1955 gebaut. Es nahm die meisten, aber nicht alle Dienststellen auf, z.B. nicht Außenstellen in der Friedrichstraße und Von-Hartmann-Straße. 1975 zählte die Behörde 650 Mitarbeiter in 6 „Abteilungen“: Zentrale, Polizei (4000 Polizisten), Schulen (12000 Lehrkräfte), Bau, Forst und Landwirtschaft.

Der Verfasser dieser Zeilen, Gerhard Wunder, arbeitete dort dreimal, 1960 als Referendar im Polizeireferat, 1965 als Assessor in der Kommunalaufsicht und 1974-1997 als Leiter eines Referats „Soziales“.

Von 1996 bis 2000 wurde die Bezirksregierung aufgelöst. Die Forstabteilung wurde in Neustadt (Le Quartier Hornbach 9) ein selbständiges Landesamt, die Polizei in zwei selbständige Präsidien in Ludwigshafen und Kaiserslautern aufgeteilt, die zwei Referate „Soziales“ in das Landauer Außenamt des Landesamtes für Soziales integriert, der Rest in die für ganz Rheinland-Pfalz zuständige neue „Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion“ in Trier (Kommunalaufsicht, Schulen) und die neue „Struktur- und Genehmigungsbehörde Süd“ in Neustadt (Bau und Umwelt) eingebracht. Von der „Bezirksregierung“ in Neustadt blieb nur der Name eines Gebäudes und einer früheren Behörde übrig.

Wiederbewaldung nach dem 2. Weltkrieg mit Hilfe von Kulturfrauen

Jens Bramenkamp

Während früherer Kriegszeiten, insbesondere im 1. und 2. Weltkrieg wurde überall in Deutschlands Wäldern mehr Holz eingeschlagen als zuwachsen konnte. Damit wurde gegen das eiserne, forstliche Prinzip der Nachhaltigkeit verstoßen. Auch nach den Kriegen wurde zunächst diese Übernutzung fortgesetzt. Zum einen um die Bevölkerung mit dem lebensnotwendigen Bau- und Brennstoff Holz zu versorgen, andererseits in Form sog. Reparationshiebe. Die Besatzungsmächte (in der Pfalz die Franzosen) schlugen für ihre eigenen Bedürfnisse zusätzliches Holz ein. Allein am Neustadter Königsberg ist ein großer Franzosenhieb mit über 2.000 m³ Holzanfall dokumentiert. Dort entstanden dann über 40 ha Kahlfläche.

Ab ca. 1948 begann die Zeit der Wiederaufforstung, bis ca. Mitte der 1950er Jahre. Viele ehemaligen Soldaten waren noch in Kriegsgefangenschaft oder waren verwundet und gefallen. Darüber hinaus mussten ja auch die zerstörten Städte aufgebaut und die Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden.  Wer sollte denn nun den darniederliegenden Wald wieder aufbauen?

Da kamen die sogenannten Kulturfrauen zum Einsatz. Bereits vor dem Krieg hatte man die meist ungelernten Waldarbeiterinnen für verschiedene „leichte“ Tätigkeit im Forst eingesetzt.  Diesen meist als Saisonkräfte Beschäftigten ist es zu verdanken, dass innerhalb weniger Jahre zigtausende brachliegende Hektar Waldflächen aufgeforstet wurden. Die überwiegend im Akkord arbeitenden Kulturfrauen wurden sogar auf der 50-Pfennig-Münze geehrt.

Da nur wenig Pflanzgut verfügbar war, hat man für die Wiederbewaldung schnell wachsende und anspruchslose Nadelbaumarten gepflanzt: in der Pfalz auf dem nährstoffarmen Buntsandstein oft die Gemeine Waldkiefer in anderen Mittelgebirgen häufig die Fichte. Die jungen Bäumchen wurden meist in forsteigenen Kämpen, den Baumschulen, selbst gesät und großgezogen und nach ein bis drei Jahren in den Wald gepflanzt. Material aus Baumschulen war anfangs kaum verfügbar und recht teuer.

Die vielen Dutzenden Kulturfrauen wurden im Neustadter Stadtwald (im Übrigen der größte Kommunalwald in Rheinland-Pfalz) noch bis in die 1990er Jahre beschäftigt. Neben den Pflanzarbeiten waren die Kulturfrauen auch mit der Pflege junger Waldbestände beauftragt, wie Jungwuchspflege, Kulturpflege usw., meist mit manuellen Arbeitsgeräten.

Partnerstädte der Stadt Neustadt an der Weinstraße

Petra Koch

Verständigung und Freundschaft zwischen Völkern wird in persönlichen Begegnungen konkret. Einen wichtigen Beitrag hierfür leisten die Städtepartnerschaften. Sie machen Europa und die Welt im Alltag der Menschen jeden Alters und aller Bevölkerungsgruppen erlebbar. Unsere Stadt pflegt sieben Städtepartnerschaften in Europa, Nordamerika und Asien.

Mâcon (Frankreich) - Partnerschaft seit 1956

Zwischen dem im Burgund gelegenen Mâcon und Neustadt an der Weinstraße besteht seit 1956 eine Städtepartnerschaft. Sie war die erste Partnerschaft Neustadts und zugleich die erste einer rheinland-pfälzischen Stadt mit einer französischen Gemeinde. Erst 11 Jahre zuvor war der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen, der in Frankreich und in Deutschland tiefe Wunden hinterlassen hatte. Vater der Partnerschaft war der damalige Bürgermeister Louis Escande, der sich als ehemaliger Kämpfer des Widerstandes schon früh für die Versöhnung zwischen den beiden Völkern einsetzte. Zum 10-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft wurde Neustadt an der Weinstraße für seinen Dienst für die Einigung und Verständigung Europas durch den Europarat in Straßburg die Europafahne verliehen.

Goya (Argentinien) - Freundschaft seit 1967

Die im Nordosten Argentiniens gelegene Stadt Goya ist ein regionales Industriezentrum, in dem vor allem Tabak angebaut wird. Zum Abschluss einer formalen Städtepartnerschaft ist es nicht gekommen.

Lincoln (Großbritannien) - Partnerschaft seit 1970

Die im Nordosten Englands gelegene Stadt Lincoln blickt auf eine über 2000-jährige Geschichte zurück. Ihre Kathedrale ist einer der monumentalsten mittelalterlichen Kirchenbauten Großbritanniens.

Musagne (Ruanda) – Partnerschaft 1984 bis 2001

1984 wurde mit der Gemeinde Musagne im Süden Ruandas eine Städtepartnerschaft begründet. Mit der 2001 durchgeführten Kommunalreform wurde Musagne mit der Gemeinde Kaduha in einen neuen Distrikt Kaduha zusammengeführt. Aufgrund der Auflösung der Gemeinde Musagne ist die Partnerschaft nicht mehr existent.

Wernigerode (Deutschland) - Partnerschaft seit 1989

Die Partnerschaft mit der Stadt Wernigerode in Sachsen-Anhalt wurde noch vor der Wende ins Leben gerufen. Der unter Denkmalschutz stehende historische Stadtkern mit seinen zahlreichen mittelalterlichen Fachwerkhäusern sowie das über der Stadt gelegene Schloss ziehen Besucher aus nah und fern in „die bunte Stadt im Harz“.

Manchester (USA) - Partnerschaft seit 1992

Die Partnerschaft mit Manchester, New Hampshire beruht im Wesentlichen auf den Kontakten zwischen dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium und den dortigen Highschools, die schon seit 1984 bestehen.

Quanzhou (China) - Partnerschaft seit 1995

Die Partnerschaft mit Quanzhou geht zurück auf eine Partnerschaft des Landes Rheinland-Pfalz mit der chinesischen Provinz Fujian. Die Hafenstadt liegt im Südosten der Provinz, direkt gegenüber von Taiwan. Historische Stätten in Quanzhou wurden 2021 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.

Mersin-Yenişehir (Türkei) - Partnerschaft seit 1998

Mersin liegt an der Mittelmeerküste im Südosten der Türkei gegenüber der Insel Zypern. Die Hafenstadt gliedert sich in drei große Stadtteile. Einer davon ist Yenişehir(der Name bedeutet Neustadt). Sowohl für den inländischen als auch ausländischen Markt werden um Mersin Zitrusfrüchte, Obst, Gemüse und Baumwolle angebaut.

Echt-Susteren (Niederlande) - Partnerschaft seit 2019

Die in der Provinz Limburg gelegene Gemeinde gliedert sich in 11 Bezirke. Der Tourismus spielt neben Landwirtschaft und Gewerbe „im schmalsten Stück der Niederlande“ eine wichtige Rolle. Nieuwstadt ist der südlichste Siedlungskern der Gemeinde. Der Ort erhielt im 13. Jahrhundert (1263) die Stadtrechte.

Mukatschewo (Ukraine) - Solidaritätspartnerschaft seit 2023

Mukatschewo liegt in der westukrainischen Oblast Transkarpatien am Rand der Waldkarpaten, nahe der Grenzen zu Polen, der Slowakei und Ungarn. Die Stadt ist Verwaltungs- und Industriezentrum.

Der Saalbaubrand aus meiner Erinnerung

Markus Bulla

Mein Vater Hartmut Bulla und mein Onkel Horst Kühner waren die Haus- und Bühnenmeister im Saalbau. Mein Onkel bewohnte die Hausmeisterwohnung im Obergeschoß, mit Zugang zum Speicher, mit seiner Frau und den 3 Töchtern. Zudem waren beide Männer bei der Feuerwehr, im Löschzug 1.

Mein Vater wurde in der Nacht auf den 25. November 1980 zum Saalbaubrand über die damals noch übliche Alarmklingel in der Wohnung alarmiert. Unwissend, was passiert ist machte er sich auf den Weg zum Feuerwehrgerätehaus.

An der Einsatzstelle angekommen, beauftragte er ein junges Paar zu uns nachhause zu gehen und den Schlüssel für den Saalbau zu holen. Bei uns angekommen klingelten sie Sturm. Meine Mutter wurde wach und ging zum Fenster. Das junge Paar berichtete, was passiert ist. Natürlich wollte meine Mutter den Schlüssel nicht an fremde Leute aushändigen. Worauf sie mich weckte, mit den Worten: „bring Vater schnell den Saalbauschlüssel, es brennt.“ Ich zog mir schnell ein paar Kleider an und rannte los.

Schon am Marktplatz roch ich den Brand. Als ich am Kriegerdenkmal vorbei, Richtung Klemmhof rannte, sah ich schon den Feuerschein am Himmel. Als ich die Gabelsbergerstraße erreichte, bekam ich es schon mit der Angst zu tun.

Am Saalbau, Höhe Glasveranda angekommen, sah ich meiner Tante und Cousinen mit nichts als dem Nachthemd bekleidet auf der Straße stehen. Da fiel mir schon ein Stein vom Herzen, dass sie unbeschadet davongekommen sind. Nach einem kurzen Gespräch versuchte ich meinen Vater im Wirrwarr des Einsatzes zu finden. Nach der Übergabe des Schlüssels, ging ich zurück zu meiner Tante, wir nahmen uns in die Arme und weinten. Die Bilder dieser Nacht haben sich so eingeprägt, als wäre es gestern gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war ich 14 Jahre alt.

Mein Vater arbeitete noch bis zu seiner Berentung im Neuen Saalbau und war somit 26 Jahre dort Hausmeister (1976-2007).

In der Zeit der Französischen Besatzung, wurde der Kellerbereich unter dem Schillersaal von den Franzosen als Nachtclub genutzt. Entsprechend waren auch Wandmalereien in den Kellerräumen vorhanden (Pin-Up Girls, Oben ohne und im Baströckchen). Im angrenzenden Bereich befand sich die Konditorei Michel.

US-Präsident Ronald Reagan auf dem Hambacher Schloss

Dieter Ohnesorge

Am 6. Mai 1985 kam der US-Präsident Ronald Reagan nach Neustadt, um auf dem Hambacher Schloss eine Rede an die Deutsche Jugend zu halten. Am Vortag hatten er und Helmut Kohl auf dem Soldatenfriedhof Kolmeshöhe bei Bitburg, auf dem auch einige junge SS-Soldaten begraben waren, als Zeichen der Versöhnung einen Kranz niedergelegt. In Amerika schon vorher und auch in Deutschland brach eine Welle der Entrüstung aus, die den Staatsbesuch insgesamt emotional erheblich belastete. Der Besuch in Neustadt sollte deshalb nach dem Willen von Helmut Kohl zu einem versöhnlichen Abschluss führen.

Und so kam es zum Glück auch. Der Wettergott zeigte sich von seiner besten Seite, als der Hubschrauber des Präsidenten auf dem Flugplatz in Lachen-Speyerdorf landete. Die Weinkehlchen begrüßten unter der Leitung von Peter Janssen das Präsidenten- und Kanzlerpaar mit dem Volkslied: „Am Brunnen vor dem Tore“, das auch in Amerika bekannt war. Ich sprach einige Worte zur Begrüßung. Danach trugen sich die Gäste ins goldene Buch der Stadt ein.

Im Auto von Bernhard Vogel folgten wir den Gästen durch die Weinberge nach Hambach. Unterwegs zeigten mehrere Menschen dem vorbeifahrenden Präsidenten aus Verachtung für ihn ihr entblößtes Hinterteil. Wie peinlich, wahrlich! In Hambach fuhren wir durch die Schlossgasse im Schritttempo. Wir hatten Blumenkästen mit blühenden Geranien an den Fensterbänken befestigt. Die Straße bot ein malerisch farbenfrohes Bild mit dem Schloss in der Höhe in Sichtweite über uns. An der Mohre-Jule bat Helmut Kohl kurz anzuhalten, damit der Präsident einen Blick in den idyllisch geschmückten Hof werfen konnte. Ich fragte mich, was der Präsident in diesem Moment wohl denken mochte. Ob er an seine Kindheit dachte und an eine Puppenstube?

Oben angekommen, empfingen ihn etwa 6.000 begeisterte, meistens junge Menschen. Nach der Begrüßung durch Bernhard Vogel und Helmut Kohl begann Ronald Reagan seine Rede mit dem Satz: „Wenn Sie uns hier begrüßen, ehren Sie damit 237 Millionen Amerikaner, die zu vertreten ich die Ehre habe. Ich möchte hinzufügen, das wohl mehr Amerikaner ihre Wurzeln in diesem Lande, in diesen Städten und in ihren Familien haben, als in irgendeinem anderen Ort oder Volk dieser Welt. An die deutsche Teilung erinnernd meinte er: „Nichts könnte unsere Herzen froher stimmen, als den Tag zu erleben, an dem es keine Mauer mehr geben wird, keine Waffen mehr, die Familien und Freunde voneinander trennen.“ Den Jugendlichen rief er zu: „Die Zukunft wartet auf Ihren schöpferischen Geist“. „Meine jungen Freunde, dies ist eine herrliche Zeit zu leben und frei zu sein. Denken Sie daran, dass in Ihren Herzen die Sterne Ihres Schicksals leuchten, (-) dass alles von Ihnen abhängt, (-) und vergessen Sie keinen Augenblick, dass, wie Schiller gesagt hat, wer den Besten seiner Zeit genug getan, der hat gelebt für alle Zeiten.“ Zum Abschied fügte er sichtlich gerührt auf Deutsch hinzu: „Mein Herz ist mit Ihnen! Gottes Segen!"


Autor: Stadtarchiv