Seiteninhalt

Kurzportrait Simon Reichert

Blitzlicht
  • Ist im Hauptberuf seit 2009 Stifts- und Bezirkskantor in Neustadt an der Weinstraße
  • Ist Dirigent der Neustadter Stiftskantorei und Hauptorganist an der gotischen Stiftskirche
  • Ist ein international bekannter und vielfach ausgezeichneter Organist
  • Ist mit mehreren musikalischen Ensembles eng verbunden
  • Ist stets offen für neue Ideen und Projekte

Mehrstündiges Üben gehört zu seinem täglichen Programm. Mit großen Schritten eilt er von der Stiftskirche über den Marktplatz. Für unser Gespräch hat Simon Reichert das Spiel von Buxtehude-Werken auf der neuen Chororgel, geschaffen von dem renommierten Orgelbauer Bernhardt H. Edskes, vorübergehend unterbrochen. Seit März 2016 steht ihm diese Orgel zu seiner Freude mit 20 Registern, verteilt auf zwei Manuale und Pedal zur Verfügung. Diese Orgel wird im historischen Chor-Ton (ein halber Ton über a’) gestimmt und ist für das Zusammenspiel mit historischen Instrumenten ausgelegt – ideal für den Organisten, Dirigenten und Chorleiter, dem die Alte Musik besonders am Herzen liegt.

Orgelmusik hat in Neustadt eine lange Tradition: 1516 prüfte Arnolt Schick, kurpfälzischer Hoforganist in Heidelberg, eine Orgel in der gotischen Stiftskirche (errichtet 1356-1489). Sein „Spiegel der Orgelmacher und Organisten“ von 1511 gilt als das erste Handbuch des Orgelbaus.

Simon Reichert, 1980 in Gütersloh geboren, hat sich intensiv mit Renaissance- und Barockmusik beschäftigt und Kirchenmusik, Orgel und historische Aufführungspraxis an der Musikhochschule Detmold und an der Schola Cantorum Basiliensis, dem Basler Ausbildungs- und Forschungszentrum für Alte Musik, studiert. Im In- und Ausland gibt er seitdem häufig Konzerte auf berühmten historischen Orgeln, etwa auf der Raphaelis-Orgel der Domkirche im dänischen Roskilde oder auf der Wagner-Orgel im Brandenburger Dom. Bei verschiedenen Wettbewerben wurde er als Preisträger ausgezeichnet, darunter mit dem „Grand Prix d´Echo“ 2014. Doch neben der Alten Musik zählen zu seinem symphonischen Repertoire beispielsweise auch große Werke von Max Reger, Olivier Messiaen und der Avantgarde, wie er betont.

Als Solist gab er Gastspiele bei der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford, der Capella Istrapolitana Bratislava und dem Orchestre de chambre du Luxembourg. „Kooperationen mit verschiedenen Orchestern, Klangensembles und Chören sind fester Bestandteil meiner Arbeit“, erklärt Reichert. „Regelmäßig musiziere ich zum Beispiel mit dem „Capricornus Ensemble Stuttgart“ unter Leitung von Henning Wiegräbe und dem Neustadter Kammerorchester „Ensemble 1800“ unter Leitung von Fritz Burkhardt.“

Wenn er mit der mehr als 70-stimmigen Neustadter Stiftskantorei – ihre musikalische Spannbreite reicht vom 16. bis 21. Jahrhundert – konzertiert, sind oft historische Originalklang-Ensembles wie „La Banda“ (Augsburg), „L´Arpa festante“ (München), „Les Cornets Noirs und „Sestina Consort“ (Basel) oder das „Ensemble 1800“ Partner des großen Chors für Werke von Buxtehude, Bach, Brahms und anderen Komponisten.

„Eine Zusammenarbeit freut mich ganz besonders“, sagt er, „die mit meinen jüngeren Geschwistern.“ Denn auch sein mittlerer Bruder, Daniel Reichert, ist professioneller Musiker und gestaltet mit seiner Barocktrompete zusammen mit Simon Reichert an der Orgel und der Altistin Sandra Marks am 15. Juli 2017 das Neustadter Marktkonzert in der Stiftskirche. Der jüngste Bruder, Benjamin Reichert, ist ebenfalls ein musikalischer Profi und als Stimmbildner, Chorleiter und Tonmeister tätig. „Mit ihm zusammen plane ich derzeit Tonaufnahmen für eine neue CD“, berichtet er. Zur bisherigen Diskographie von Simon Reichert findet man Informationen unter http://www.simonreichert.de/discographie.html.

Neben diesen vielfältigen Aktivitäten und Projekten leitet Simon Reichert auch das Neustadter Kirchenmusikalische Seminar und gibt dort Wissen und Erfahrung weiter. Es ist ein Angebot der Evangelischen Kirche der Pfalz zur Ausbildung von haupt- und nebenamtlichen Kirchenmusikern der Stufen C und D. „Dort erteile ich Unterricht in Orgelspiel und Improvisation, aber auch in Chorleitung und Musiktheorie“, berichtet Reichert. „Es gibt ein sehr gutes Schülerpotenzial in Neustadt und der Region. Viele frühere Schülerinnen und Schüler studieren mittlerweile an verschiedenen Musikhochschulen.“

Simon Reichert trinkt seinen Espresso aus. Gleich muss er zurück in die Stiftskirche, denn die musikalischen Vorbereitungen für den Ostermonat April sind besonders umfangreich. Am 2. April gastiert dort um 18 Uhr das „Capricornus Ensemble Stuttgart“ mit Hohelied-Vertonungen. Und am 14. April um 18 Uhr findet dort das große Karfreitagskonzert der Stiftskantorei mit Bachs „Johannespassion“ statt, bei dem erneut das Barockorchester „La Banda“ aus Augsburg gastiert. Am 29. April folgt als modernes Kontrastprogramm das 1. Marktkonzert 2017 mit der Neustadter Jazz-Sängerin Nicole Metzger.

Weitere Glanzpunkte 2017 sind unter anderem das Konzert des Hambacher Musikfestes mit Werken von Bach, Vivaldi und Händel mit dem Rennquintett und dem Mandelringquartett (16. Juni), die Hofserenade der Stiftskantorei im Neustadter Dekanatshof (Open Air am 24. Juni) und – als Teil des „Kultursommers Rheinland-Pfalz“ und in Nachfolge des „Neustadter Orgelsommers“– der „Neustadter Herbst – Festival für Alte Musik“ mit hochkarätigen Veranstaltungen vom 3. bis 12. September. Auch für die „Parkvilla-Konzerte“ im Herrenhof Mußbach ist Reichert ab 2017 Künstlerischer Leiter.

„Nebenbei“ gastiert er im August als Organist in historischen Kirchen an berühmten Orgeln, etwa. in der Kirche St. Mariae, Helsingör, in den Jahren 1660-68 Wirkungsstätte von Dietrich Buxtehude, und in Roskilde (Dänemark), darüber hinaus in Ascona und Muri (Schweiz) sowie in Asti und Colazza (Italien).

 

Terminvorschau und weitere Infos:

http://www.simonreichert.de
www.dekanat-nw.de
www.stiftskirchengemeinde-nw.de
www.stiftskirche-nw.de

Text©Usch Kiausch