Gewerbeflächenkonzept
Im Flächennutzungsplan 2005 sowie den zwischenzeitlich erfolgten Änderungen und Berichtigungen sind 21 Flächen als gewerbliche Bauflächen, teilweise auch als gemischte Bauflächen im Bestand dargestellt. Die Mehrheit dieser Flächen befindet sich auf der Gemarkung der östlichen Kernstadt und im Ortsbezirk Lachen-Speyerdorf. Alle Gebiete zusammen haben eine Größe von rd. 215 ha, was ca. 1,8 % der Gesamtfläche bzw. 13,5 % der Siedlungsfläche von Neustadt an der Weinstraße entspricht.
Den jeweiligen bauleitplanerischen Ausweisungen bzw. dem Gebietscharakter entsprechend, handelt es sich bei den Standorten hauptsächlich um Gewerbegebiete (GE). Lediglich in den Gewerbelagen südliche Nachtweide in der östlichen Kernstadt und Naulott-Guckinsland entlang der L 516 sowie im Bereich Altenschemel in Lachen-Speyerdorf sind Teilbereiche als Industriegebiete (GI) festgesetzt. Darüber hinaus handelt es sich bei den Standorten Roßlaufstraße und Chemnitzer Straße (beide Kernstadt) um mischgenutzte Bereiche, die allerdings stark gewerblich geprägt sind.
Unter den Gewerbelagen befinden sich auch einige Einzelstandorte, die jeweils nur einen oder wenige Betriebe beherbergen bzw. nach Betriebsaufgabe derzeit zwischen- oder ungenutzt sind. Eine gewerbliche Weiternutzung dieser Standorte ist teilweise fraglich. Manche Lagen befinden sich in einem Umnutzungsprozess, nach dessen Abschluss die gewerbliche Nutzung nur noch eine Nebenrolle spielen wird (z.B. ehem. Schlachthof).
In der jüngeren Vergangenheit stand die Nutzung von Potenzialen der Innenentwicklung und von Konversionsflächen im Fokus der gewerblichen Entwicklung. So konnten z.B. auch einige Standorte einer gewerblichen (Folge-) Nutzung zugeführt werden. Mittlerweile sind die Entwicklungsmöglichkeiten für Gewerbebetriebe in Neustadt an der Weinstraße weitgehend ausgeschöpft. Die Stadt kann bei Anfragen kaum noch ein Grundstück anbieten, ein zunehmender Engpass an Gewerbebauland wird wahrgenommen. Um diese Situation grundlegend zu ändern bzw. zu verbessern, wurde als fachliche Grundlage das Gewerbeflächenkonzept Neustadt an der Weinstraße durch das Planungsbüro Stadtraumkonzept aus Dortmund erarbeitet und im September 2022 vom Stadtrat beschlossen.
Wesentliche Erkenntnisse der Analyse und Bedarfsprognose sind folgende:
- Diverse Indikatoren zeigen, dass die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt stagniert bzw. kein bedeutendes Wachstum aufweist.
- Wirtschaftliche Potenziale, wie die verkehrliche Erreichbarkeit, die Attraktivität und Lebensqualität des Standortes Neustadt wurden nicht optimal genutzt.
- Die wirtschaftliche jüngere Entwicklung der Stadt kann in Anbetracht der vorhandenen Potenziale wie auch der Entwicklungen in den Nachbarstädten und der Gesamtregion nicht zufrieden stellen.
- Bis zum Jahr 2040 wird ein Bedarf von 46,7 ha Bruttobaufläche prognostiziert.
- Neustadt verfügt nur noch über wenige marktfähige und nicht zusammenhängende Potenziale in Bestandsgebieten.
- Nur wenige gewerbliche Anfragen können durch Vermittlung der WEG befriedigt werden. Eine systematische und aussagekräftige Dokumentation der Nachfragen fehlt überdies.
- Folgen des Flächenmangels bzw. der eingeschränkten Flächenverfügbarkeit sind eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten für lokale Gewerbebetriebe und kein nennenswertes Angebot für die Ansiedlung neuer Betriebe.
- Die zuletzt erfolgte Flächenentwicklung der Joseph-Monier-Straße konnte hier nur kurzfristig Abhilfe schaffen.
Aufbauend auf der Analyse benennt das Konzept folgende wesentlichen Ziele für die weitere gewerbliche Entwicklung:
- Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Neustadt an der Weinstraße durch eine Weiterqualifizierung der bestehenden Gewerbegebiete und eine Neuentwicklung nachhaltiger Gewerbeflächen sichern.
- Gewerblichen Bereich stärken und ausbauen, Standortimage profilieren.
- Erweiterungsbedarfen gerecht werden, die Abwanderung von Unternehmen vermeiden, Wirtschaftskraft binden.
- Neuansiedlungen ermöglichen, zukunftsfähigen Branchen und Start-ups einen attraktiven Standort bieten.
- Bestehende Arbeitsplätze erhalten, neue Arbeitsplätze schaffen.
- Finanzielle Handlungsspielräume durch Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen erweitern.
Daraus ergeben sich wichtige Handlungsfelder für die künftige Entwicklungsstrategie. Das Aufgabenfeld "Bestehende Gewerbegebiete qualitativ weiterentwickeln" liegt im Verantwortungsbereich der WEG und sollte im Blick behalten werden, um mögliche Konkurrenzsituationen zwischen den kommunalen Gewerbelagen zu entschärfen, den Verlagerungsdruck und damit die Notwendigkeit zur Inanspruchnahme neuer Gewerbeflächen zu reduzieren. Konkret geht es um:
- den dauerhaften Erhalt der Funktionsfähigkeit der Bestandsgebiete als Basis der lokalen Wirtschaft,
- die Optimierung der Bestandsgebiete unter Berücksichtigung des jeweiligen Gebietscharakters und die Anpassung an aktuelle Herausforderungen wie den Klimawandel, städtebauliche Aufwertung, die Förderung der Modernisierung,
- die Verbesserung der Marktfähigkeit freier Bestandsflächen und die (präventive) Auseinandersetzung mit Aktivierungshemmnissen,
- die Durchführung vorbereitender Detailanalysen und Initiierung eines Dialogs mit Unternehmen und Eigentümern sowie
- die Identifizierung und Mobilisierung von Leerständen und Unternutzungen und die Ermittlung von Potenzialen zur Nachverdichtung.
Das Aufgabenfeld "Neue, zukunftsfähige Gewerbegebiete entwickeln" ist Kernthema für den Flächennutzungsplan 2040, bei nachgelagerten Bebauungsplanverfahren zur Schaffung von Baurecht sowie bei der Ausgestaltung von städtebaulichen Verträgen und Grundstückskaufverträgen. Konkret geht es dabei um:
- die Schaffung neuer qualitativer Flächenangebote mit überörtlicher Zugkraft und Impulswirkung,
- die Schaffung ergänzender Angebote insbesondere für das lokale Gewerbe (z.B. für Betriebserweiterungen),
- die Orientierung am prognostizierten Flächenbedarf, bei Wahrung von Flexibilität für die Entwicklung,
- eine nachhaltige, qualitativ hochwertige Flächenentwicklung,
- die Formulierung von Qualitätsstandards z.B. hinsichtlich Ökologie, Mobilität, Städtebau, flächensparender Bebauung, resilienter Infrastrukturen oder hochwertiger Grünräume,
- die prioritäre Weiterentwicklung des Standortes Neustadt-Ost mittels Städtebaulicher Rahmenplanung, Flächennutzungsplanung und Bebauungsplanung,
- die Entwicklung von Konzepten für die übrigen geeigneten Potenzialstandorte,
- die Berücksichtigung konkurrierender Nutzungsansprüche (z. B. durch landwirtschaftliche Betroffenheitsanalyse, flächensparende Kompensation),
- die Berücksichtigung von Ressourceneffizienz, Klimaanpassungsfähigkeit und weiteren Anforderungen sowie
- die zielgerichtete Anwendung von Instrumenten der Baulandmobilisierung.
Angesichts der auch zukünftig bestehenden, nicht auflösbaren Begrenztheit des Angebotes bedarf es ergänzend der Formulierung einer Ansiedlungs-, Vermarktungs- und Vergabestrategie, um die aus stadtentwicklungspolitischer Sicht insbesondere unter Gemeinwohlaspekten bestmögliche Nutzung der begrenzten Ressource „Boden“ sicherzustellen. Die bestehenden Flächenreserven und -potenziale müssen in einer Form genutzt werden, die einen größtmöglichen Nutzen für den Wirtschafts-standort bringt. Wesentliche Eckpunkte hierzu sind:
- Entwicklung einer Vermarktungsstrategie ausgerichtet an den Standortpotenzialen und der Frage, welche Betriebe sich in Zukunft ansiedeln sollen.
- Entwicklung einer Vergabestrategie: Definition von qualitativen Mindeststandards, Entwicklung von Vergabekriterien und -prinzipien; Aufnahme entsprechender Festlegungen in die Grundstückskaufverträge.
- Berücksichtigung der vorgenannten Qualitätskriterien in der Bebauungsplanung.
Städtebauliche Rahmenplanung Neustadt-Ost
Parallel zum Gewerbeflächenkonzept hat das Dortmunder Planungsbüro Reicher Haase Assoziierte die Überlegungen zur gewerblichen Entwicklung für das Gebiet, das sich zwischen Adolf-Kolping-Straße, Speyerdorfer Straße, B 39 und Autobahn aufspannt, vertieft. Diese Städtebauliche Rahmen-planung für den Bereich Neustadt-Ost wurde ebenfalls im September 2022 vom Stadtrat als informelle Planung beschlossen. Das Rahmenplangebiet stellt nicht zuletzt aufgrund seiner Größe und Lagegunst den einzig möglichen Bereich dar, Angebote unterschiedlichster Ausprägung – sowohl für den örtlichen Bedarf, aber auch mit überörtlicher Zugkraft – zu schaffen und neue Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung zu setzen. Der Standort steht daher im Fokus der zukünftigen Gewerbeflächenentwicklung der Stadt Neustadt an der Weinstraße.