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10.12.2019

Stenzelquelle wird naturnah rückgebaut

Stadt ergreift wegen Verkeimung und Umweltbeeinträchtigungen unkonventionelle Maßnahme

Die Stenzelquelle im Heidenbrunnertal direkt an der Straße zum Naturfreundehaus wird aktuell naturnah rückgebaut. Erforderlich wird dies wegen einer wiederholten Verkeimung des Quellwassers unter anderem mit koliformen Bakterien und die seit Jahren andauernden Umweltbeeinträchtigungen durch den starken Quellwasser-Tourismus. Das Gesundheitsamt des Kreises Bad Dürkheim in Neustadt und die Regionalstelle Wasserwirtschaft der SGD Süd, Anwohner der Siedlerstraße in der Sauloog-Siedlung und der städtische Forstbetrieb hatten dies mehrfach nachdrücklich angeregt.

Das Quellwasser wird nach Kappung der Leitung von der oberhalb gelegenen eigentlichen Quellfassung zum Auslaufbauwerk wie bisher schon unter der Straße hindurch in die Talaue fließen, wo es einen kleinen, unter Biotopschutz stehenden Quellsumpf speist. Bei der Stenzelquelle handelt es sich vermutlich um eine Schichtquelle im Bereich Speyerbach-Schichten aus der Zechstein-Zeit der Erdgeschichte. Diese feinkörnigen, Wasser stauenden Gesteine stehen am Unterhang des Heidenbrunnertals an und zwingen das im Inneren des Stenzelberges zirkulierende Grundwasser zum Austritt an die Erdoberfläche. In der Hochphase der Wander- und Verschönerungsbewegung vor gut einhundert Jahren war die Stenzelquelle aus touristischen Gründen gefasst worden, wie viele andere bis dahin naturbelassene Quellen im Pfälzerwald auch. Zuletzt hatte der Bürgerverein Schöntal 1999 das Auslaufbauwerk saniert. Noch vor wenigen Jahren lag die durchschnittliche Schüttung der Quelle bei 1,5 Liter pro Sekunde. Seit etwa zwei Jahrzehnten beobachten Anwohner, Umweltabteilung und Forstbetrieb einen zunehmenden Quellwasser-Tourismus zur Stenzelquelle. Nach den KFZ-Kennzeichen zu urteilen, kommen die Leute sogar aus Germersheim, Mannheim, Worms und Frankfurt. Gelegentliche Befragungen haben ergeben, dass die Wasserzapfer überdurchschnittlich häufig einen türkischen oder russlanddeutschen Migrationshintergrund haben. Die Kommunikation läuft wohl über Mundpropaganda. Das Wasser werde vor allem für Tee, aber auch für Kaffee und die Zubereitung von Speisen (Suppen) sowie gelegentlich zum Befüllen von Aquarien verwendet. Nun ist das Abfüllen von Quellwasser zum Hausgebrauch nicht verboten, aber in „Stoßzeiten“ muss man schon einmal warten, bis die bis zu 150 mitgebrachten Kanister gefüllt sind. Problematisch ist der zusätzliche Autoverkehr durch die Sauloog-Siedlung, Parken und Wendemanöver auf der engen Talstraße, das Hinterlassen mitgebrachter Grünabfälle, von Hausmüll, defekten Kanistern und menschlichen Fäkalien im Quellumfeld sowie die Beeinträchtigung des unterhalb liegenden, unter Biotopschutz stehenden naturnahen Bachabschnittes. Schließlich ist der „ökologische Fußabdruck“ bei der oft weiten Anreise ziemlich fragwürdig.

Das Wasser der Stenzelquelle wird seit 1981 ein- bis zweimal im Jahr auf verschiedene organische und anorganische Inhaltsstoffe und chemisch-physikalische Parameter untersucht, zeitweise sogar von drei Institutionen, dem Landesamt für Umwelt, vom Gesundheitsamt und von den Stadtwerken. Seit einigen Jahren beprobt nur noch das Gesundheitsamt die Quelle einmal im Jahr. Das Wasser ist ein ganz gewöhnliches Sandstein-Quellwasser ohne auffallende Mineralisation, wie es vielfach in Pfälzerwaldquellen austritt. Wegen des geringen Gehalts an gelösten anorganischen Stoffen ist keine physiologische Wirksamkeit, insbesondere keine Heilwirkung, zu erkennen. Allerdings hat das weiche Wasser günstige geschmackliche Eigenschaften, weswegen es sich sehr gut zur Zubereitung von Getränken, insbesondere Tee eignet. Dies dürfte der Hauptgrund für seine Beliebtheit sein, neben der günstigen Lage an einer Straße. Die chemischen Inhaltsstoffe liegen weit unter den Grenzwerten der Trinkwasser-Verordnung. Das Quellwasser hat dennoch keine garantierte Trinkwasserqualität; diese ist nur bei Wasser aus dem öffentlichen Leitungsnetz gegeben. Zudem gab es seit Mitte der 2000-er Jahre den Verdacht auf Verkeimung in Zeiten geringerer Wasserführung im Sommer und Herbst, möglicherweise durch Wildtiere, die sich im Quellumfeld aufhielten. 2008 hatte sich der Bakterienverdacht dann bestätigt. Das Gesundheitsamt forderte die Stadt auf, ein entsprechendes Hinweisschild anzubringen. Nachdem dieses mehrfach entfernt worden war, verschlossen die Stadtwerke den Quellauslauf mit einer Rohrleitung und leiteten das Wasser direkt in die Talaue ab. Auch diese Einrichtung wurde nach wenigen Tagen zerstört. 2010 wurde erneut ein Warnschild angebracht; auch diesem war kein langes Leben beschieden. Daraufhin schlug die städtische Umweltabteilung vor, die Quelle zu renaturieren. Mittlerweile wurde auch von der Wasserwirtschaftsverwaltung zunehmend der Rückbau gefasster Quellen empfohlen, aus gewässerökologischen und naturschutzfachlichen Gründen. Nach mehreren Jahren relativer Ruhe um die Quelle waren es in diesem Herbst erneut das Gesundheitsamt und die Regionalstelle Wasserwirtschaft, die auf eine Lösung des Problems drängten. Die Stadt erhofft sich durch Umsetzung der Maßnahme einen baldigen Rückgang des Quellwasser-Tourismus und eine deutliche Verbesserung der Umweltqualität im Quellumfeld.